Neurologische Störungen

Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder Multiple Sklerose können zu körperlichen und geistigen Einschränkungen führen. Im Rehaprozess stellt sich neben der Frage der Bewältigung des häuslichen Alltags oder der Wiederaufnahme der Berufsstätigkeit, auch die Frage nach dem Autofahren.

Untersuchungen haben ergeben, dass 50 % aller hirngeschädigten Patienten ihrer Fahreignung wieder erlangen. Ein nicht kleiner Teil aller Patienten mit neurologischen Erkrankungen nehmen ohne vorherige Untersuchungen das Fahren wieder auf. Ein Großteil der Betroffenen, bei denen die Fahreignung nicht mehr gegeben ist, sind unzureichend über die eignungsausschließenden Gründen und die daraus erwachsenden rechtlichen Folgen informiert. Bei der verkehrspsychologischen Untersuchung (VPU) stellen neurologische Patienten nur einen geringen Anteil der Untersuchten. Die Frage nach der Fahreignung ist grundsätzlich an jedes Ende einer Rehabilitationskette zu stellen.

Die folgende Tabelle (Lundquist 2001) gibt Aufschluss über häufig auftretende Fahrprobleme bei Menschen mit neurologischen Störungen, aber auch über begünstigende Faktoren (Kompensationsmöglichkeiten), die wichtige Grundlagen der Therapie der Fahreignung darstellen:

Fahrprobleme

  • Geschwindigkeit: eingeschränkte Geschwindigkeitskontrolle, Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzungen
  • Handhabung des Fahrzeugs: Unbeständige Brems- und Gaspedalbedienung
  • Position des Kfz: Probleme mit Wahrnehmung der Fahrzeuggröße, Position auf Straße, im Kreisverkehr, in engen Straßen, schlechtes Spurhalten
  • Aufmerksamkeit: mangelnde Aufmerksamkeit gegenüber Fußgängern, in Wohngebieten, im Kreisverkehr, bei Verkehrsschildern und Ampeln
  • Verkehrsverhalten: mangelnde Beachtung anderer Verkehrsteilnehmer, Verstoß gegen Vorfahrtsregeln

Weitere problematische Bereiche

  • Orientierung: in komplexen      Verkehrssituationen geht die Orientierung verloren, mangelnder Überblick      an freien Kreuzungen, häufige Fragen um Rat
  • Entscheidungsfindung: Schwierigkeiten, selbstständig      Lösungen für komplexe Situationen zu finden
  • Vertrauen in die Fahrsituation: auch erfahrene Fahrer wirken      wie Anfänger

Kompensationsmöglichkeiten

  • Antizipation: sorgfältige Planung der Fahrt,      Zeitfenster für Entscheidungen ermöglichen
  • Langsamere Fahrweise: Abstandhalten, Verlangsamung      des Tempos bei Gesprächen
  • Interesse an sicherem Fahren
  • Fahrerfahrung

Therapiebedarfe

Dass therapeutische Interventionen notwendig und hilfreich sind, zeigt eine Studie von Küst (et. al 2008). Der Studie zufolge, war nach den Kriterien für die psychische Leistungsfähigkeit bei 53 % aller Patienten die Fahreignung nicht mehr gegeben. Dies stellte für 61 % der Patienten eine deutliche Einschränkung bei der Erreichung des Arbeitsplatzes dar. Von wesentlich größerer Bedeutung war jedoch die Tatsache, dass 44% aller untersuchten Patienten ein Kfz im Rahmen ihrer Berufstätigkeit nutzen mussten. Die Möglichkeit therapeutischer Interventionen wurde dadurch sichtbar, dass vorwiegend behandlungsfähige Störungen wie solche der Aufmerksamkeit und visuellen Wahrnehmung für das Fehlen der Fahreignung verantwortlich waren. Neben den Einschränkungen bei der Berufsausübung erwartet die überwiegende Mehrheit der Patienten auch deutliche Einschränkungen der Lebensqualität durch einen Verlust der Fahreignung. Dabei treten Probleme überwiegend in den Bereichen Einkaufen, soziale Kontakte pflegen und Freizeitgestaltung auf.